Fachbereich
Praktische Theologie – Liturgiewissenschaft & Sakramententheologie
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53 Die Eucharistie
Die Eucharistie ist der dritte und letzte
Schritt der Eingliederung in Christus und seinen Leib, die Kirche. Die
Eucharistie vollendet die Eingliederung, wie das Konzil sagt: "Die schon
getauften und gefirmten Christen werden durch den Empfang der Eucharistie voll
dem Leib Christi eingegliedert." Die Kirche spricht auch von
"Einverleibung" und erinnert damit an das Wort Christi: "Wer
mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in
ihm" (Joh 6,56).
Nur wer die drei Sakramente der Eingliederung empfangen hat, der ist "Vollbuerger" im Reiche Christi, der ist voll und ganz
eingegliedert. Die Eucharistie ist die sammelnde Mitte der Kirche, Quelle und
Gipfel all ihren Tuns.
Wer ganz und gar in Christus eingefuegt ist, der darf
mit den anderen Eingegliederten immer wieder beim eucharistischen Mahl dabei
sein, "um das ewige Leben zu erlangen und die Einheit des Volkes Gottes
sichtbar werden zu lassen" (Taufritus). Er wird mit eingefuegt
in das allumfassende Opfer Christi, "in dem die ganze erloeste
Gemeinde durch den ewigen Hohenpriester Gott
dargebracht wird" (Augustinus).
Nach dem Brauch der alten Kirche reichen
noch heute die Ostkirchen die Kommunion sofort nach jeder Taufe, selbst nach der
Taufe unmuendiger Kinder. In unseren Laendern warten wir, bis die Kinder in der glaeubigen Familie Christus kennen und lieben gelernt haben
und den Leib des Herrn von gewoehnlicher Speise
unterscheiden koennen.
Dann aber sollten die Eltern ihre Kinder im Einvernehmen mit dem Pfarrer rechtzeitig
zur heiligen Kommunion fuehren. Die beste
Vorbereitung auf diese erste Kommunion ist das Beispiel der Eltern, mit dem sie
in ihren Kindern die Liebe zu Christus wecken.
Die Gemeinde bereitet jaehrlich
eine Erstkommunionfeier vor, zu der moeglichst alle
Kinder einer Altersstufe eingeladen werden. An dieser Gemeinschaftsfeier nehmen
auch die Kinder teil, die bereits von ihren Eltern zur Kommunion gefuehrt wurden.
Durch die Erneuerung des Taufversprechens und weitere Braeuche
(z. B. Kommunionkerze) wird dabei der Zusammenhang mit der Taufe deutlich
gemacht.
– Gebet vor der Erstkommunion Nr. 25,3
Buße und Beichte
54 Suende und Vergebung
Unsere Welt ist gezeichnet von Schuld und
Suende. Die Menschheit wuerde
daran zugrunde gehen, wenn sie sich selbst überlassen bliebe. Aber in Christus
ist uns Vergebung zugesagt.
Suende
(1) Wir leben nicht allein fuer uns selbst. Wir sind
geschaffen fuer die Gemeinschaft mit Gott und fuer die Gemeinschaft mit den Menschen. Gott hat uns zu
seinen Soehnen und Toechtern
berufen, und er will, dass wir untereinander Brüder und Schwestern sind. Die
Gemeinschaft mit Gott und den Menschen wird aufgebaut durch das Gute; sie wird zerstoert durch die Suende.
Das Boese bedrängt uns täglich von außen und von
innen. Auch nach der Taufe, durch die wir der Suende
gestorben und mit Christus zu einem neuen Leben auferstanden sind, bleiben wir
der Versuchung ausgesetzt.
Suende ist eine freie Tat. Der Mensch ist fuer sie verantwortlich. Wer suendigt,
wird schuldig vor Gott. Je bewusster die Entscheidung und je gewichtiger die
Sache, umso schwerer die Suende. "Denn es gibt Suende, die zum Tod fuehrt. Jedes
Unrecht ist Suende; aber es gibt Suende,
die nicht zum Tod fuehrt" (1 Joh
5, 16f).
Suende ist Ungehorsam gegen Gottes Willen. Dieser
begegnet uns in der Schoepfungsordnung und in den
Geboten Gottes. Die Gebote sind Ausdruck der Sorge Gottes um uns. Sie weisen
uns den Weg zu einem wahrhaft menschlichen Leben. Jesus hat das Doppelgebot der
Liebe als die Zusammenfassung aller Gebote und Weisungen Gottes bestaetigt: Wir sollen Gott über alles lieben und den
Nächsten wie uns selbst. Menschliche Gesetze verdeutlichen und ergänzen dieses
Kerngebot des Neuen Bundes, so z. B. die Kirchengebote (Sonn– und Feiertagsgebot, kirchliche Bußordnung,
jährlicher Sakramentenempfang) und in ihrer Weise
auch die staatlichen Gesetze, die dem Zusammenleben der Menschen dienen sollen.
Sie verpflichten unser Gewissen, soweit sie dem Willen Gottes entsprechen.
Suende ist Treuebruch. Gott hat mit den Menschen
einen Bund geschlossen. Er hat ihnen allezeit Treue erwiesen und um ihre Treue
geworben. Durch die Menschwerdung seines Sohnes, durch den Tod und die
Auferstehung Jesu wurde Gottes Treue zu uns ein fuer allemal besiegelt und der Neue Bund gestiftet. Wer suendigt, missachtet oder zerstoert
diesen Bund. Er weist die Liebe Gottes zurück, der uns zuerst geliebt hat und
auf unsere Liebe wartet. "Ich stehe an der Tür und klopfe" (Offb 3,20).
Suende ist auch ein Verstoß gegen die Gemeinschaft.
Wer suendigt, gibt dem Boesen
Raum in der Welt. Die Suende belastet das
Zusammenleben und schafft Leid. Sie schwächt den Willen zum Guten. Der Suender handelt gegen seine Berufung, als Glied der Kirche
das Reich Gottes aufzubauen. Er schwächt die Zeugniskraft der Kirche und macht
sie unglaubwürdig.
Vergebung
(2) Gott ist heilig; er richtet das Boese, aber er fuehrt den Suender zur Einsicht und zur Reue und verzeiht die Schuld.
Wir koennen die Vergebung Gottes nur erbitten und als
Geschenk annehmen im Vertrauen auf das Leiden, Sterben und Auferstehen unseres
Herrn Jesus Christus.
Wenn wir von Gott Vergebung erlangen wollen, muessen
wir einander unsere Schuld vergeben. Der Herr spricht zum unbarmherzigen
Knecht: "Haettest nicht auch du mit deinem
Mitknecht Erbarmen haben muessen, so wie ich mit dir
Erbarmen hatte?" (Mt 18,33; im Vaterunser hat er
uns zu beten gelehrt: "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben
unsern Schuldigern."
Christus hat den Aposteln Vollmacht gegeben, in seinem Namen Suenden nachzulassen: "Empfangt den Heiligen Geist.
Allen, denen ihr die Suenden erlasst, sind sie
erlassen; allen, denen ihr sie nicht erlasst, sind sie nicht erlassen" (Joh 20,22f). die Kirche uebt in
der Kraft des Geistes, der sie erfuellt, durch ihre
Priester diese Vollmacht im Bußsakrament aus. Die Vergebung unserer Schuld vor
Gott erfordert jedoch unsere Umkehr zu Gott, unsere Reue.
Umkehr
(3) Gott ruft uns zur Buße und Umkehr.
Jesus sagt: "Die Zeit ist erfuellt, und das
Reich Gottes ist nahe. Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium" (Mk 1,15). Gott weckt in uns den Willen, alles
daranzusetzen, dass wir die kostbare Perle, das Reich Gottes, gewinnen.
Buße ist eine Grundhaltung des Christen. Sie besteht in der von Gott gewirkten
Bereitschaft, das Boese zu bekaempfen,
sich von der Suende weg und Gott zuzuwenden. Sie
kommt sowohl in der inneren Bußgesinnung, vor allem in Reue und Vorsatz, als
auch in taetiger Buße zum Ausdruck.
Wir koennen umkehren und ein neues Leben beginnen,
weil Christus uns aus der Macht des Boesen befreit
hat. "Wenn euch also der Sohn frei macht, dann seid ihr in Wahrheit
frei" (Joh 8,36). Das Grundsakrament der Umkehr
und des Neubeginns ist die Taufe. Fuer den Christen,
der nach der Taufe schuldig geworden ist, vollendet sich die Abkehr von der Suende und die erneute Hinwendung zu Gott im Bußsakrament.
Hier bekennt er vor Gott und der Kirche seine Schuld und erlangt nicht nur
Vergebung, sondern auch Kraft zu einem neuen Beginn. Auch die uebrigen Sakramente schließen den Willen der Umkehr zu Gott
ein.
Reue
(4) Gottes Geist wirkt in uns die Reue:
das Nein zur eigenen Suende. Ohne Reue ist Vergebung
nicht moeglich. Gott verzeiht jede Suende, die wir aus Liebe zu ihm bereuen. Wenn jemand nur
aus Furcht vor Gottes gerechter Strafe seine Suenden
bereut, ist seine Reue noch unvollkommen. Sie genügt aber zum Empfang des
Bußsakramentes. Die Angst vor dem Urteil der Menschen oder anderen Folgen der Suende ist noch keine Reue. Ebensowenig
der Aerger oder die Bitterkeit, die jemand empfindet,
weil er etwas verkehrt gemacht hat. Denn zur Reue gehoert,
dass man zugibt: Ich habe Boeses getan vor Gott.
Manchmal faellt es uns schwer, unsere Suenden zu bereuen. Das kann verschiedene Gruende haben.
Es kann sein, dass uns nicht bewusst ist, wie sehr Gott uns liebt, wie
undankbar und lieblos wir daher sind, wenn wir sündigen; dass es nicht nur um
die einzelne Suende geht, sondern um die verkehrte
Grundhaltung, aus der sie entsteht.
Manchmal unterscheiden wir nicht genuegend zwischen
dem Ziel und dem Weg dorthin. Was uns schuldig werden laesst,
ist nicht immer das angestrebte Ziel, das in sich gut sein kann. Es ist oft der
verkehrte Weg, den wir wählen, weil wir nicht auf den Willen Gottes und auf
unsere Mitmenschen Ruecksicht nehmen.
Es kann schliesslich auch sein, dass wir kein Reuegefuehl empfinden und deshalb meinen, keine Reue zu
haben. Das Wesentliche ist jedoch nicht der fuehlbare
Schmerz, sondern das Bewusstsein der Schuld und die Entschiedenheit, mit der
wir uns von dem abwenden, was wir als boese erkannt
haben.
Vorsatz
(5) Der Vorsatz, das Gute zu tun und die Suende zu meiden, ist untrennbar mit der Reue verbunden;
denn wir koennen uns nur wirksam vom Boesen abwenden, indem wir uns dem Guten zuwenden. Im
Unterschied von der Reue ist der Vorsatz in die Zukunft gerichtet: Wir nehmen
die Chance zu einem neuen Anfang wahr, die Gott uns bietet. Wir ziehen die
Folgerungen aus unserem Versagen und planen unser Leben voraus. Wir fällen in
der Gegenwart eine klare Entscheidung, die unsere Zukunft bestimmt.
Unser Vorsatz soll sich nicht nur allgemein gegen die Suende,
sondern gegen unsere tatsaechlichen Suenden und Fehlhaltungen richten. Wir muessen
unsere Kraefte nüchtern einschätzen und uns deshalb
auf die Ueberwindung konkreter Fehler, besonders der
schwerwiegenden, konzentrieren. Fehlhaltungen werden selten grundsaetzlich
und auf einmal ueberwunden; sie werden meist dadurch
abgebaut, dass man das Handeln aus der suendigen
Haltung unterlaesst und das entgegengesetzte Gute
tut. Wenn nicht alles gleich gelingt, was wir uns vornehmen, brauchen wir nicht
zu verzagen: Gott schaut nicht nur auf unsere Leistungen, sondern auch auf
unseren guten Willen.
Buße, Bekenntnis
(6) durch Taten der Buße und besonders
durch das Bekenntnis der Suenden bringen wir unsere
Bußgesinnung zum Ausdruck. Umgekehrt vertieft das
äußere Buße tun die innere Haltung der Buße.
Das Bußetun muss dort ansetzen, wo unsere Suende Unordnung und Schaden angerichtet hat. Eine
Wiedergutmachung gegenüber Gott ist jedoch nicht moeglich.
Selbst das Unrecht, das wir unseren Mitmenschen zufügen, koennen
wir oft nicht wiedergutmachen. Wir bleiben daher immer auf die Barmherzigkeit
Gottes und auf das Verzeihen unserer Mitmenschen angewiesen.
Die Formen tätiger Reue sind so vielfältig wie das Leben selbst. Jede Suende entfernt uns von Gott. Daher kann das Gebet als
erneute Hinwendung zu Gott, als Schuldbekenntnis, als Bitte um Vergebung und Hilfe,
Als Fuerbitte fuer Menschen
oder Gemeinschaften, denen wir geschadet haben, ein echtes Zeichen der Buße
sein.
Hinwendung zu Gott ist auch das Hören auf sein Wort und das Lesen der Schrift.
"Meine Brüder sind die, die das Wort Gottes hören und befolgen" (Lk 8,21). Die Weisungen Gottes, das Leben und die Lehre
Jesu und seiner Jünger verändern unser Leben zum Guten, wenn wir sie ernst
nehmen.
Auch das geduldige Ertragen von Sorge, Leid und Krankheit kann Buße sein. Leid,
das wir selber verschuldet haben, sollen wir in
Geduld und Bußgesinnung hinnehmen und die Auswirkungen der Schuld anderer
ertragen lernen. Im Blick auf das Beispiel Jesu koennen
wir auch Leid fuer andere auf uns nehmen.
In sehr vielen Faellen verletzt die Suende andere Menschen und stört das Zusammenleben. Daher
ist alles, was den Frieden und die gestörte Ordnung wiederherstellt, Ausdruck
wahrer Bußgesinnung: Einsatz und Opfer fuer die
Mitmenschen, Werke der Naechstenliebe, jede Bitte um
Verzeihung und jedes Zeichen der Vergebung.
Oft erkennen wir, dass Selbstsucht und Mangel an Selbstbeherrschung Grund
unserer Suende ist. Deshalb ist es sinnvoll, durch
Verzicht und Selbstzucht sich um größere Freiheit von ungeordneten Neigungen
und Begierden zu bemuehen.
Wirksame Buße soll man nicht nur durch selbstgewählte Werke, sondern auch
dadurch tun, dass man den Alltag mit seinen Pflichten und Muehen
bereitwillig auf sich nimmt und ohne Klagen ertraegt.
(7) Buße tun ist nicht nur Aufgabe des
einzelnen, sondern auch der Gemeinschaft. Die Kirche hilft dem einzelnen in
seiner Buße, indem sie ihm fuer bestimmte Werke und
Gebete einen "Ablass" gewaehrt. Darin zeigt
sich, dass alle Glieder am Leib Christi zusammengehoeren
und fuereinander Buße tun (z. B. Portiunkulaablass;
vgl. ferner Nr. 76 und Nr. 77,3). Die ganze Kirche bereitet sich durch Zeichen
der Buße auf die Hochfeste vor; vor allem in der Fastenzeit laedt
sie ein zum Empfang der Eucharistie, zur sakramentalen Beichte, zur Teilnahme
an Bußfeiern, zum Einhalten der Fast- und Abstinenztage (besonders Aschermittwoch
und Karfreitag), zu Spendenaktionen, um die Not in der Welt zu lindern, und zu
anderen Werken der Caritas und der Buße. Auf besondere Feste in den Gemeinden
und Familien wie Taufe, Erstkommunion– und Firmfeiern,
Primizen oder Trauungen sollen wir uns in ähnlicher Weise vorbereiten.
Bußtage sind alle Freitage des Jahres, weil Jesus an einem Freitag durch sein
Leiden und Sterben die Schuld der Welt gesühnt hat. Wir bemuehen
uns an diesem Tag um eine Vertiefung unserer Gemeinschaft mit Christus. Das
kann durch Gebet, Gottesdienst, geistliche Lesung, Werke der Naechstenliebe, aber auch durch einen spürbaren Verzicht
(z.B. auf Fleischspeisen) geschehen. Solche Opfer sollen Zeichen der
Verbundenheit mit allen Gliedern der Kirche und allen Menschen sein. Daher
sollen sie soweit wie moeglich notleidenden Menschen zugute kommen.
Christliche Familien, Gruppen und Gemeinschaften sollen sich um einen
Lebensstil bemuehen, in dem Jesu Ruf zu Umkehr und
Nachfolge verwirklicht wird. In gemeinsamer Überlegung sollen sie
Ausdrucksformen tätiger Buße finden, die sich in ihrem Kreis verwirklichen
lassen und zum Zeugnis christlicher Liebe werden.
55 Bußgottesdienst
Die Suende ist
Ungehorsam gegen Gott. Sie trifft aber auch die Kirche und mindert ihre
Zeugniskraft. Der Suender muss daher nicht nur vor
Gott, sondern auch vor der Kirche um Vergebung bitten.
Gott vergibt dem Suender, der seine Schuld bereut und
um Verzeihung bittet. Das geschieht in erster Linie durch den Empfang der
Sakramente: Taufe, Bußsakrament, Krankensalbung. Aber auch außerhalb der
Sakramente kann Vergebung erbeten und erlangt werden. Im Bußgottesdienst
unterstützt die Gemeinde die Bitte um Vergebung durch ihre Fuersprache.
Ihre Glieder bitten sich gegenseitig um Verzeihung und vergeben einander. So
wird beim Bußgottesdienst in einem breiter entfalteten Ritus, als etwa beim Bußakt der Messe oder bei der Beichte des einzelnen moeglich ist, sichtbar, dass die Kirche Zeichen und Ort der
Versoehnung ist.
Der Bußgottesdienst macht ausserdem deutlich, dass die
Umkehr und die Hinwendung zu Gott nicht nur fuer den
einzelnen, sondern auch fuer die Gemeinschaft
notwendig ist, weil auch sie immer wieder hinter dem
Auftrag Christi zurueckbleibt. Der Bußgottesdienst
ist auch ein Zeichen der gemeinsamen Verantwortung, die uns alle miteinander
verbindet und einen des anderen Last tragen heißt. Sie bietet der Gemeinde als
ganzer Gelegenheit zur Gewissenserforschung, zum Schuldbekenntnis und zur Bitte
um Vergebung. Denn die ganze Gemeinde ist z.B. verpflichtet zur Sorge fuer die Kinder, die in ihr aufwachsen, fuer
Kranke, Fremde, sozial Schwache, die in ihr leben. Wenn sie dieser oder anderen
Verpflichtungen nicht genuegend entspricht, muss sie
ihre Schuld eingestehen und Gott um Verzeihung bitten. Ausserdem
sollen wir nicht nur fuer unsere eigene Schuld um
Vergebung bitten, sondern stellvertretend auch fuer
die der ganzen Kirche, ja der gesamten Menschheit. Durch den Bußgottesdienst
soll auch die persoenliche Gewissensbildung vertieft
und der fruchtbare Empfang des Bußsakramentes gefoerdert
werden. Die Verkuendigung und Auslegung der Schrift laesst uns Christen begegnen und die Liebe Gottes erkennen.
So kommen wir zur Einsicht in unsere Schuld und zur Reue: Gottes Liebe triff
uns als Suender, fuer die
Christus sein Leben hingegeben hat. "Gott aber hat seine Liebe zu uns darin
erwiesen, dass Christus fuer uns gestorben ist, als
wir noch Suender waren" (Roem
5,8). Im Licht des Evangeliums sehen wir auch wieder deutlicher die Aufgaben,
die unser Christsein uns stellt: "Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das
Licht der Welt" (Mt 5,13).
Wer sich der Kirche entfremdet hat, dem
kann die Teilnahme an einem Bußgottesdienst ein erster Schritt sein, zum vollen
Leben der Kirche zurueckzufinden. Auch die
sakramentale Beichte gewinnt an Tiefe und Hochschaetzung,
wenn die Gläubigen durch Bußgottesdienste zu einem persoenlichen
Vollzug von Reue, Bekenntnis und Buße angeleitet und in geeigneter Weise darauf
hingewiesen werden, dass sich die verschiedenen Formen der Buße im Empfang des
Bußsakramentes vollenden. Daher soll man bei Bußgottesdiensten die Bedeutung
dieses Sakramentes fuer alle Christen unterstreichen
und zu seinem Empfang einladen.
Wie andere Formen der Buße fuehrt auch die rechte
Teilnahme an einem Bußgottesdienst zur Vergebung der alltaeglichen
Fehler; denn Gott erhoert die mit Reue und ernstem
Vorsatz verbundene Bitte um Vergebung, die von der kirchlichen Gemeinschaft
aufgenommen und unterstützt wird. Die Vergebung von TodSuenden,
die der Suender – in einem solchen Gottesdienst oder auch
außerhalb – aufgrund seiner Reue aus
Liebe zu Gott (vollkommene Reue) erlangt, findet ihre notwendige Vollendung im
sichtbaren Zeichen der sakramentalen Lossprechung. Nach den Weisungen der
Kirche sind daher TodSuenden vor dem nächsten Empfang
der Eucharistie in der Einzelbeichte zu bekennen. Denn TodSuenden
schließen von der Kommuniongemeinschaft aus. Diese Trennung muss durch die
sakramentale Lossprechung aufgehoben werden, ehe der Suender
am Gemeinschaftsmahl der Eucharistie teilnehmen darf. Als Zeiten fuer den Bußgottesdienst eignen sich vor allem die Quatemberwochen im Advent und in der Fastenzeit.
58 Das Sakrament der Buße
Jesus Christus hat uns die Liebe
kundgetan und uns mit dem Vater versöhnt. Im Sakrament der Buße gibt er dem Suender Anteil an seinem Leben. Wer dieses Sakrament
empfängt, stellt sich unter das Gericht über die Suende,
das Gott im Kreuzestod seines Sohnes gehalten hat, um uns vor dem ewigen Tod zu
retten.
Das natürliche Verlangen des Menschen, die Schuld, die ihn bedrückt, zu
bekennen und von ihr befreit zu werden, wird nicht enttäuscht. Christus hat uns
Vergebung zugesagt, wenn wir vor der Kirche unsere Schuld eingestehen:
"Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden
sein; und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel geloest sein" (Mt 18,18).
Diese frohe Botschaft darf der Christ im Bußsakrament durch die Lossprechung
des Priesters vernehmen.
In der Kirche ist Christus, der uns mit dem Vater versöhnt hat, gegenwärtig. In
seinem Namen gewaehrt sie dem Suender
Vergebung. Denn die Apostel haben vom Herrn die Vollmacht erhalten, in der
Kraft seines Geistes Suenden nachzulassen:
"Empfanget den Heiligen Geist. Allen, denen ihr die Suenden
erlasst, sind sie erlassen; allen, denen ihr sie nicht erlasst, sind sie nicht
erlassen" (Joh 20,22f).
Wo die Kirche durch die Priester von
dieser Vollmacht Gebrauch macht und ein Suender, der
seine Schuld bereut, sie aufrichtig bekennt und zur Wiedergutmachung bereit
ist, losspricht, besiegelt Gott die Versoehnung mit
dem Suender. Christus selbst ist es, der in diesem
Sakrament wirkt: er fuehrt den Suender
zur Umkehr, damit er seine Schuld bereut und eingesteht. Er wirkt im Priester,
der in seinem Auftrag das wirksame Wort der Lossprechung sagt. So wird die
Begegnung des Suenders mit dem Vertreter der Kirche
zum Zeichen der siegreichen Gnade Gottes, die das Boese
ueberwindet. Dieses Zeichen nennen wir Bußsakrament.
Die Suenden des einzelnen, auch die bloßen Gedankensuenden, hemmen das Wirken des Heiligen Geistes
nicht nur im Einzelnen, sondern auch in der Gemeinschaft der Glieder der Kirche.
Deshalb muss der Suender auch vor der Kirche und
durch sie die Buße tun. Die Beichte ist auch ein Gericht der Kirche.
Man darf dieses Sakrament nicht von den übrigen Bußformen trennen. Die
vielfältigen Arten der Buße im Alltag, das Schuldbekenntnis in der
Eucharistiefeier und die Bußgottesdienste wecken, erhalten und vertiefen den
Willen zur ständigen Erneuerung des Lebens der Gemeinde und der einzelnen
Christen aus dem Geist des Evangeliums. Sie sind Vorstufen auf dem Weg zur
sakramentalen Beichte uns Lossprechung, die ohne sie verkümmern wuerde. Umgekehrt ist das Bußsakrament der Ziel– und Gipfelpunkt aller übrigen Bußformen, in
dem diese sich vollenden. Darum ist die Hochschaetzung
dieses Sakramentes und sein regelmäßiger Empfang fuer
alle Christen – und nicht etwa nur fuer jene, die schwer gesuendigt
haben – von so großer Bedeutung. Alle,
die sich einer schweren Schuld bewusst sind, sind zum Empfang des
Bußsakramentes verpflichtet. Darueber hinaus sind
alle Gläubigen zur häufigen Beichte eingeladen, denn sie empfangen durch das
Bußsakrament reiche Gnade, wachsen im Geist der Buße, erkennen und überwinden
besser ihre Fehler und Schwächen und werden fähiger zu einem freien, persoenlichen Bekenntnis.
Ein wichtiger Vorsatz der sakramentalen Einzelbeichte liegt in der Moeglichkeit zum Beichtgespraech.
Es kann die persoenliche Situation des einzelnen beruecksichtigen, die Hintergruende
seiner Fehler und Verirrungen klären und zu vertiefter Selbsterkenntnis führen.
Die Beichte gewinnt heute an Bedeutung, weil sie die Moeglichkeit
individueller Führung und Gewissensbildung bietet. Sie dient so nicht nur dem
Bekenntnis und der Vergebung der Suenden; sie soll
auch zur Bildung des Gewissens aller Christen und zur Vertiefung ihres Glaubens
beitragen.
Die regelmaeßige Beichte ist daher eine wichtige
Hilfe auf dem Weg zu einem verantwortungsbewussten christlichen Leben,
besonders dann, wenn der Beichtvater den Beichtenden und dessen persoenliche Situation kennt. Beicht- und Sprechzimmer koennen
die offene Aussprache foerdern. Viele werden aber
auch weiterhin aus verschiedenen Gründen die Anonymitaet
wuenschen und daher den Beichtstuhl vorziehen.
Bearbeitet: Barbara Scheibner
last modified: Friday, 10-Oct-2014 15:28:27 CEST